{"id":1235,"date":"2016-01-10T19:12:02","date_gmt":"2016-01-10T17:12:02","guid":{"rendered":"http:\/\/www.blindfisch.leben-mit-bbs.de\/?p=1235"},"modified":"2016-01-10T19:12:02","modified_gmt":"2016-01-10T17:12:02","slug":"104-aengste","status":"publish","type":"post","link":"http:\/\/www.blindfisch.leben-mit-bbs.de\/2016\/01\/10\/104-aengste\/","title":{"rendered":"#104. \u00c4ngste"},"content":{"rendered":"
Karosdiary hat mit ihrem Eintrag \u00fcber Verlust\u00e4ngste und ihrer sozialen Phobie schon gut vorgelegen. Ich hatte bereits in einem vergangenen Thema meine \u00c4ngste angesprochen. Vor ab, \u00c4ngste sind nat\u00fcrlich und sollen uns vor Gefahren warnen, doch es gibt Menschen die entwickeln aus unterschiedlichen Gr\u00fcnden \u00c4ngste, die keine \u00c4ngste sind. Die wohl bekanntesten hier bei sind: Angst vor Tieren aller Art, Flugangst, H\u00f6henangst, aber auch die Angst vor gro\u00dfen Pl\u00e4tzen sowie das zwanghafte Klauen sind einigen bekannt.<\/p>\n
Von klein auf habe ich Angst im Wasser. Ich denke das h\u00e4ngt zum gro\u00dfen Teil damit zusammen, weil ich im Kleinkindalter fast ertrunken w\u00e4re. Im Schwimmunterricht der Grundschule war es f\u00fcr mich ein gro\u00dfer Erfolg ohne festhalten ein 25m Becken zu durchqueren, daf\u00fcr haben meine Lehrer mir sogar eine Urkunde gebastelt. Auch wenn ich schon 26 bin m\u00f6chte ich in diesem Leben noch mein Seepferdchen machen.<\/p>\n
Neben dieser Wasserangst w\u00e4re da noch die Angst im Dunkeln, diese Angst zeigte sich schon im Alter von wenigen Monaten. Damals hatte ich Angst\/Panik und Schreianf\u00e4lle, weil meine Eltern nicht wussten was mit mir los war. Heute wei\u00df ich das ich von Geburt an nachtblind bin. Dies bedeutet das ich in der D\u00e4mmerung und Dunnkelheit au\u00dfer Lichtqullen nichts sehe. Wenn z. B. ein Auto unter einer Laterne steht dann kann ich die Umrisse dieses besagten Autos erkennen. Mit 14\/15 hab ich dann meinen ersten Langstock erhalten und konnte mich von da an auch in der Dunkelheit selbstst\u00e4ndig von a nach b bewegen, das hat viele neue T\u00fcren ge\u00f6ffnet.<\/p>\n
Mit den Jahren hat diese Angst leider zugenommen. Auf der einen Seite geh ich heut ungern im Dunkeln raus, auf der anderen Seite denk ich mir \u201eWillst du dich bis zum Fr\u00fchling einsperren?\u201c, \u201eNein\u201c, also hab ich versucht einen Kompromiss zu finden. Die beiden gr\u00f6\u00dften \u00c4ngste in meinem Leben sind, aber zum einen die Agrographobie (Angst vor gro\u00dfen und offenen freien Fl\u00e4chen) und die Akrophobie (H\u00f6henangst). Gro\u00dfe freie Fl\u00e4chen k\u00f6nnen alles bedeuten, Felder, der Strand, (Haupt)-Stra\u00dfen, Veranstaltungsfl\u00e4chen usw. Mein gr\u00f6\u00dftes Hindernis sind definitiv Stra\u00dfen, am schlimmsten sind vierspurige mit Verkehrsinseln.<\/p>\n
Es gab bereits einige Momente in denen ich aus Fluchtinstinkt \u00fcber eine rote Ampel geh\u00fcpft bin. Meine erste Wohnung lag \u00d6PNVm\u00e4\u00dfig super zentral nur leider befand sich die Hin- und R\u00fcckhaltestellen an einer vierspurigen Hauptstra\u00dfe, was dazu f\u00fchrte das der Bus ein paar Mal an mir vorbei fuhr, weil ich 20cm entfernt an einer Hausecke stand (diese gab mir etwas Halt). Meine letzte Wohnung konnte ich mit zwei Linien erreichen, jedoch befand sich die andere Route an einer Hauptstra\u00dfe, auf der anderen Seite von mir befanden sich nur Str\u00e4ucher und B\u00fcsche, dies endete etliche Mal in tierischen Panikattacken weswegen ich immer versuchte die andere Linie zu benutzen. Wenn dies nicht m\u00f6glich war musste ich bei meiner Mutter aussteigen und diese fuhr mich dann die restlichen 400m nach Hause.<\/p>\n
Vor zwei Jahren war ich mit meiner Betreuerin und einer anderen Klientin in der Waldb\u00fchne. Das St\u00fcck war toll, doch musste ich die ganze Zeit auf eine offene, gro\u00dfe Fl\u00e4che gucken und da ich kein Spielverderber sein wollte hab ich die ganzen zweieinhalb Stunden trotz Panikattacken irgendwie \u00fcberstanden, doch danach war ich nie wieder dort. Die wohl gr\u00f6\u00dfte Einschr\u00e4nkung in meinem Alltag ist die Akrophobie (H\u00f6henangst). Angefangen hat alles im Sommer 2006 als ich die K\u00f6rperbehindertenschule (Die K\u00e4seglocke) verlassen habe, diese Schule war mein bis dahin gr\u00f6\u00dfter Halt, mein zweites zu Hause.<\/p>\n
Wir hatten im Berufskolleg Einf\u00fchrungstage und als wir im ersten Stock waren bemerkte ich ein leichtes Unwohlsein. In meinem zweiten Jahr dort kam ich aus diesem besagten Grund etliche Male zu sp\u00e4t zum Unterricht, doch zu diesem Zeitpunkt wusste keiner von meinem Problem. W\u00e4hrend der Ausbildung hatte ich in diesem besagten Berufskolleg Berufsschule und es f\u00fchrte dazu das andere sich bel\u00e4stigt gef\u00fchlt haben, weil es mir Halt gab wenn andere in meiner N\u00e4he waren. Nach diesem Vorfall musste ich mich meinen Klassenlehrer offenbaren, dieses Gespr\u00e4ch war furchtbar, aber es hat mich weiter gebracht, weil dann bekannt war was mein Problem war.<\/p>\n
Leider hat sich diese Angstst\u00f6rung inzwischen so weit fortgeschritten das ich bereits neun Monate bei meiner Mutter auf dem Sofa gewohnt habe, weil ich es in meiner eigenen Wohnung nicht ausgehalten habe. Der aktuelle Stand ist das ich mich nur im Erdgeschoss bewegen kann, bei jedem Arztbesuch, bei jedem neuen Sachbearbeiter in einer Beh\u00f6rde muss ich meine halbe Geschichte erz\u00e4hlen um Verst\u00e4ndnis und eine Alternative bitten. Erst vor einigen Monaten hatte ich eine Untersuchung im Gesundheitsamt, den Sachbearbeiterin war meine St\u00f6rung bekannt und trotzdem wollte man keine R\u00fccksicht darauf nehmen.<\/p>\n
Manche sagen \u201eNehm doch den Aufzug dann bekommst du das gar nicht mit\u201c, doch leider ist das nicht so einfach. Wenn ich wei\u00df dass ich mein sicheres Erdgeschoss verlassen muss dreht mein K\u00f6rper durch. Andere Betroffene mit Angstst\u00f6rungen denken dabei z. B. das sie sterben, doch solche Gedanken habe ich nicht. Mein Alltag hat viel mit Verst\u00e4ndnis und Kompromissen zutun.<\/p>\n
\u00a0<\/strong>Auch wenn ich bereits seit 12 Jahren mit meiner Sehbehinderung lebe habe ich dennoch gro\u00dfe Angst vor dem Tag X. im Oktober 2010 als ich erfuhr das ich nun als gesetzlich blind gelte gab es einige Tage an denen ich dachte \u201eSchau dir dies und das noch mal genau an, bald kannst du es nicht mehr sehen\u201c. Nat\u00fcrlich passt man sich jeder Ver\u00e4nderung neu an, aber diese Angst bleibt immer im Hinterkopf. Genauso wie die Tatsache das ich aufgrund meiner Angstst\u00f6rung und der Blindheit seit vier Jahren arbeitslos bin und Angst\/Sorge habe nie wieder beruflich Fu\u00df zu fassen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"