Inklusion und warum mich dieses Wort aggressiv macht

Inklusion und warum mich das Wort aggressiv macht

 

Jeder zweite redet von Inklusion doch nur die wenigstens wissen was wirklich dahinter steckt oder was deren Ziel ist. Angefangen mit Integration. Dies bedeutete das Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Erkrankung, aber auch Migranten in die Gesellschaft integriert werden und dabei sind. Inklusion hingegen geht noch einen Schritt weiter: Hier wird nicht integriert sondern Inklusion soll selbstverständlich sein, es soll den Unterschied zwischen gesunden und behinderten Menschen verkleinern. Auch das Thema Sonderschule wird oft diskutiert. Davon angefangen das sie nicht umsonst Förderschulen und nicht mehr Sonderschulen heißen bis dahin das es sehr wohl Behinderungsgruppe gibt die trotz guten Willen, Hilfsmitteln und persönlicher Assistenz auf einer Regelschule fehl am Platz sind.

Zu dieser Gruppe gehören in meinen Augen schwere geistige Behinderungen und schwerstmehrfachbehinderte Kinder/Jugendliche. Es gibt viele Kinder/Jugendliche die in ihrer eigenen Welt leben und dort gar nicht herausgerissen werden wollen bzw. die mit der schnellen, hektischen Welt und deren Anforderungen überfordert sind

Meine persönlichen Erfahrungen sind: Ich war bereits im Kindergarten ein integratives Kind, ging zur Frühförderung und hatte im Kindergarten selbst auch noch mal eine Extraförderung. Danach wurde ich in eine Regelgrundschule eingeschult zusammen mit einem Kind was das Down-Syndrom hatte. Wir waren in der Klasse 36 Kinder. Neben uns beiden erhielten noch ein paar andere Klassenkameraden gesonderten Förderunterricht. In der vierten Klasse bekam ich dann die Empfehlung für die Haupt- oder Gesamtschule. Ich war von klein an schon Wasserscheu und konnte deswegen am Schwimmunterricht nur bedingt teilnehmen, umso stolzer war meine Mutter und meine Lehrer darauf als ich es schaffte das Schwimmbecken zu durchqueren. Hierfür erhielt ich sogar eine selbstgebastelte Urkunde.

Die Anfangszeit auf der Gesamtschule lief gut. Ich bin im Unterricht gut mit gekommen doch dann begann die ersten Streiche. Besonders beliebt war im Winter das Licht im Klassenraum auszumachen. Was dann dazu führte das ich draußen vor dem Gebäude auf den Lehrer wartete. Das Mobbing ging soweit das meine Mutter sich für einen Schulwechsel entschied. Dies war leider nicht so einfach, weil die Lehrer entweder mitgemobbt haben oder weggeschauten, im Endeffekt konnten wir das Schulamt dann, aber doch überreden. So kam es dann das ich 2001 auf die Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung nach Werl kam.

Meiner Mutter und mir war von Anfang an bewusst dass ich unterfordert sein könnte, doch der Rest der geboten wurde war es uns wert. Angefangen dabei das ich nicht mehr die Einzíge mit Behinderung war, darüber das die Lehrer Verständnis hatten und auf die einzelnen Schüler achten, über die Tatsache das die Klassen kleiner waren und endeten bei einzigartigen Projekte die ich bis heute nicht vergessen werde. Sei es der Wettbewerb vom LWL bei dem wir ein Song über unsere Behinderung schrieben, über das Radioprojekt bis hin zu dem krönenden Abschluss der Klassenfahrt nach Föhr auf einen Zeltplatz. Doch auch an diesem besonderen, geschützten und geborgenen Ort gab es Schattenseiten.

Denn 2004 wurde die Augenerkrankung Retinitis Pigmentosa diagnostiziert. Anfangs waren die Auffälligkeiten noch recht klein doch sie wurden spürbar größer. Anfangs wussten außer meine Lehrer und Klassenkameraden niemand davon. Meine Lehrer haben sich bemüht mit größeren Kopien, farbigen Anschauungen oder größeren Kästchen mir zu helfen. Unvergesslich war das mein Klassenlehrer damals einen Unterrichtsbesuch hatte mit dem Thema Lernmethoden, dazu hingen Beschreibungen an der Wand. Jeder von uns sollte eine vorstellen, jeder wusste dass ich aus der Entfernung das nicht lesen konnte, doch ich hatte den Text so oft gelesen das ich ihn auswendig konnte und deswegen problemlos vortragen konnte.

Auch wenn ich viele Freunde hatte mit denen man alles geteilt hat gab es dennoch Neid und auch Streiterein nicht zu vergessen die eigenen Klassenkameraden die nicht unbedingt mit meiner Behinderung zurechtkamen. Alles in allem waren diese vier Jahre die beste Zeit meines Lebens. Da ich schon von klein auf den Traum hatte einen kaufmännischen Beruf zu erwerben, ging ich nach der Zeit in Werl nach Soest an ein Berufskolleg für blinde und sehbehinderte. In diesen zwei Jahren erlangte ich nicht nur meinen Hauptschulabschluss nach Klasse 10 sondern ich lernte die Brailleschrift, den Umgang mit einem Bildschirmlesegerät und lernte noch dazu andere sehbehinderte und blinde Menschen in meinem Alter kennen.

Da ich den Realschulabschluss nicht schaffte ging ich auf die Abendschule der VHS. Zu Beginn arbeite ich noch mit DIN A3 Vergrößerungen doch nach rund drei Monaten bekam ich ein Lesegerät der Firma Baum zur Verfügung gestellt. Die Englischlehrerein war sehr bemüht doch sie verstand bis zum Schluss nicht das sie die Aufgabenblätter nicht vergrößern muss. Sie händigte mir weiterhin die Unterlagen in DIN A3 aus was unterm Lesegerät etwas schwierig zu handhaben war. Ebenfalls fand ich es sehr toll das sich die Biologielehrerin nach dem Unterricht noch Zeit nahm um mir im nach hinein die Informationen die sie über die Folien ausgegeben hatte auf dem Arbeitsblatt zu vervollständigen.

Leider gab es einen Lehrer der mit meiner Behinderung überhaupt nicht zurrecht kam. Er schrieb die gesamte Tafel voll und verlangte die ordentliche Heft- und Mappenführung. Er war nicht bereit die Inhalte der Tafel vor zu lesen oder als Nachtteilsausgleich meine Mappe nicht mit einzuberechnen, doch er weigerte sich und gab mir in beiden Fächern eine sechs, was dazu führte das ich nicht ins zweite Halbjahr versetzt wurde.

Einen weiteren Fall war, ein paar Tage nach meinem Schulabschluss besuchte ich die Agentur für Arbeit und wollte mich über Ausbildungsmöglichkeiten informieren. Davon abgesehen dass man sich nicht einmal die Mühe machte mich zu integrieren sondern mich direkt nach Soest weiter schickte, gab es noch einen legendären Fall der sogar in der Zeitung landete. Ich betrag die Agentur mit Blindenstock, sprach mein Anliegen vor und kam die Antwort „Füllen Sie diesen Fragebogen aus und folgen Sie den roten Pfeilen in den Wartebereich“. Bevor dieser Eintrag ein Roman wird was nicht das Ziel war noch ein letztes Erlebnis zu diesem Thema:

Im September 2013 bekam ich das Angebot einer Maßnahme zur Aktivierung und Integration von Menschen mit Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt teilzunehmen. Man sicherte mir zu das es Hilfsmittel und Hilfsangebote gab doch die Realität war eine völlig andere. Es handelte sich um einen Kurs mit 20 Leuten, in einem viel zu kleinen Raum und der Großteil der Teilnehmer hatte Probleme mit der deutschen Sprache oder war einfach zu alt für den Arbeitsmarkt. Ich konnte dank fehlender Hilfsmittel so gut wie gar nichts mitmachen, ein Abbruch lies sowohl das JobCenter als auch der Maßnahmeträger nicht zu.

So habe ich mich neun Monate durch eine Maßnahme gequält die mir genau nichts brachte und der Steuerzahle stolze 8.000 Euro für bezahlt hat.

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